9.3.06 – 14.4.06, Einzelausstellung

Evil Knievel: Super A

Immer wieder sorgt Evil Knievel mit seinen zahllosen Stunts und unzähligen Stürzen für Furore. Dabei setzt er die Standards seiner Profession und definiert ihre Grenzen unermüdlich neu. Worte wie "unmöglich", "undenkbar", "nie" sind für ihn dabei der Motor, sich und seine Umgebung in immer neuen Herausforderungen an ihre physischen und geistigen Limits zu führen.

Mit seiner Ausstellung SUPER A wird Evil Knievel auch diesmal ein für ihn neues Terrain betreten. Als Antwort auf seine öffentliche Wahrnehmung stellt er sich gleichsam "ungeschminkt" einem größeren Publikum. Dabei enthüllt Evil Knievel mit seinem hier erstmals vorgestellten Alter Ego SUPER A sein lange verborgenes "zweites Ich" und gibt dem Besucher einen Einblick in die Welt seiner innersten Träume und Wünsche.

Gegensätzlicher können sie dabei gar nicht sein: Der weiße Superheld und sein schwarzer Gegenpart SUPER A. In einer Rauminstallation und einer Serie von Porträts greift Evil Knievel nicht nur Ideale der amerikanischen Gesellschaft auf, sondern fragt vielmehr nach unserer Identität schlechthin. In schonungsloser Weise konfrontiert er uns mit seinen Vorstellungen des Fremden und Andersartigen.

Mit der Ausstellung "Super A" eröffnet der Kunstverein sein Jahresprogramm 2006 unter dem Titel "In Szene gesetzt". In fünf Ausstellungen und begleitenden Veranstaltungen werden unterschiedliche Strategien künstlerischer Inszenierungen zur Diskussion gestellt. So geht es unter anderem um Themen wie die Inszenierung von Superstars, die Reflexion von Selbstinszenierungen, filmische Inszenierungen oder die Inszenierung von sozialem Stadtraum. Bei allen diesen Veranstaltungen stehen die Bühnen selbst, die diesen Inszenierungen Raum bieten, im Vordergrund und werden gleichsam "in Szene gesetzt".

20.4.06 – 18.6.06, Einzelausstellung

Viola Yesiltac: In rest of the room

Die Künstlerin Viola Yesiltac (*1975 in Hannover, lebt in London) erwarb 2005 ihr Diplom an der Hochschule f. Bildende Künste in Braunschweig bei Marina Abramovic. Anschließend nahm sie ihr MA-Studium am Royal College of Art in London / Abt. Fotografie auf, für das sie kürzlich das DAAD-Stipendium erhielt. In ihrer ehemaligen Heimatstadt Langenhagen zeigt der Kunstverein die erste institutionelle Einzelausstellung von Viola Yesiltac in Deutschland.

"(...) Verblüffend dabei ist, dass lebendig wahrgenommene Orte so etwas wie die Gegenwart von Abwesenden sind." Michel de Certeau, aus: Kunst des Handelns, Berlin 1988

In ihren subtilen Performances, inszenierten Fotografien, Videos und Installationen beschäftigt sich Viola Yesiltac mit Fragen von An- und Abwesenheit. Dabei spielt für sie das eigene Handeln und die Interaktion im Raum eine wesentliche Rolle. Fotografie dient ihr in diesem Zusammenhang als Messwerkzug, um das Verhältnis von Raum und eigener Position zu formulieren.

Für ihre Ausstellung "In rest of the room" inszeniert Viola Yesiltac im Kunstverein Langenhagen eine kulissenartige Rauminstallation aus unterschiedlichen Einrichtungsgegenständen und einer Serie von Fotografien. Auf den Fotografien ist eine Person in einem gänzlich undefinierbaren Raum zu sehen. Endlos scheint die Person auf etwas zu warten, das dem Betrachter jedoch verborgen bleibt.

Bei den Gegenständen handelt es sich um Möbelstücke und Objekte, mit denen die Künstlerin in ihrer Wohnung gelebt hat, bevor sie vor einigen Monaten mit einem einzigen Koffer nach London zog. Im Laufe dieser kurzen Zeit gerieten die Gegenstände, die bei Freunden und Verwandten in Langenhagen, Hannover und Braunschweig untergestellt wurden, fast in Vergessenheit.

Welche neue Bedeutung erhalten sie nun im Kontext der Re-Inszenierung durch die Künstlerin?

6.7.06 – 9.9.06, Einzelausstellung

Sigurdur Gudjónsson: Bleak / Trostlos

Die Videoarbeiten, Fotografien und Installationen des jungen isländischen Künstlers Sigurður Guðjónsson (*1975, lebt in Reykjavik/Island) sind atmosphärische Verführungen. Sie geleiten den Betrachter in eine rätselhafte Welt, an dunkle Orte voller mystischer Figuren.

In Guðjónssons Arbeiten scheint sich der alte Topos von der nordischen Naturmystik seines Heimatlandes mit der morbiden, unheimlichen Seite Wiens, der Stadt, in der er einige Jahre seiner Studienzeit verbrachte, zu verbinden.

In seinen Videoarbeiten spielt der Künstler mit den gezielt eingesetzten Techniken von Schnitt und Überblendung, um den Zuschauer emotional gefangen zu nehmen. Doch ist es vor allem das gleichwertige Zusammenspiel von filmischen und klanglichen Elementen, das einen stimmungsvollen Handlungsraum schafft. Zwar schildert Guðjónsson in seinen Videos agierende Personen an spezifischen Orten, doch verweigern sich seine Arbeiten einer linearen Erzählung und einer eindeutigen Lesbarkeit. Was bleibt sind physisch und emotional erfahrbare Fragmente, die zu einer abgründigen visuell-akustischen Symphonie vereint werden. Das Augenmerk richtet sich auf die grotesken Handlungen der Akteure und der unbeteiligte und unbemerkte Betrachter scheint zum Zeugen geheimnisvoller Rituale zu werden. Die mystische, fast spirituelle Grundstimmung appelliert, non-verbal und nicht illustrativ, an Seelenzustände auf einer universell erfahrbaren Ebene.

Für den Kunstverein Langenhagen hat Sigurður Guðjónsson die neue Videoarbeit "Bleak 2006", konzipiert: Zwei gesichtslose Menschen in zwei verschiedenen Räumen stehen im Zentrum des grotesken Geschehens. Eine Kommunikation zwischen beiden stellt sich nur auf der emotionalen Ebene des Betrachters ein. Auf transzendierende musikalische Elemente, die er noch in seinen letzten Arbeiten einsetzt, verzichtet Guðjónsson in "Bleak" weitestgehend. Der Ton setzt sich fast ausschließlich aus dem beim Filmen gewonnenen Material zusammen.

Einmal mehr verweigert Guðjónsson dem Zuschauer einen rationalen Zugang. Verführt von einer subtilen Stimmung bleibt der Zuschauer konfrontiert mit seiner eigenen Gefühlswelt zurück.

28.9.06 – 26.11.06, Einzelausstellung

Erla S. Haraldsdóttir: Langenhagen

Erla Haraldsdóttir (*1967 in Reykjavik/Island, lebt in Berlin und Reykjavik) studierte Kunst am Royal University College of fine Arts in Stockholm, am San Francisco Art Institute und der Valand Art Academy in Gothenburg. Als Stipendiatin war sie 2005/2006 zu Gast im Rahmen des internationalen Atelierprogramms im Künstlerhaus Bethanien und lebt seitdem in Berlin.

Vor über fünf Jahren begann Erla Haraldsdóttir damit, Fotografien ihres vertrauten Umfeldes zu manipulieren. Durch subtile Eingriffe verwandelte sie beispielsweise für das Projekt "Here, There and Everywhere" (gemeinsam mit Bo Melin, 2001) Bilder von einer Hauptstraße ihrer Heimatstadt Reykjavik in eine Art Chinatown; andere Bilder erinnerten an einen orientalischen Bazar. Die bekannte Architektur der isländischen Kleinstadt bleibt zwar wieder erkennbar. Jedoch führen Schilder, Plakate und südlich aussehende Menschen oder Waren, die in Island nicht ohne weiteres erhältlich sind, bei genauerem Hinsehen zu beträchtlicher Desorientierung der Betrachter. Denn in den monokulturellen Kleinstädten Islands sind Migranten aus Südeuropa normalerweise nicht anzutreffen. Obststände auf offener Straße gibt es nicht und die Werbestrategien im öffentlichen Raum sind längst nicht so offensiv wie in Westeuropa. In weiteren Projekten, die sie in Kleinstädten Schwedens und Norwegens (zusammen mit Bo Melin) realisierte, spürte Erla Haraldsdóttir die Atmosphäre der jeweiligen Stadt auf und veränderte sie drastisch.

In ihrem jüngsten computeranimierten Film "Sad with Satie" (2006) macht sie die psychischen Qualen einer unglücklich Verliebten durch die Darstellung des täglichen Lebens aus der Wahrnehmung der Protagonistin sinnlich erlebbar.

Für die Ausstellung "Langenhagen" entstanden eine Reihe von Fotocollagen und eine Computeranimation, die einen analytischen Blick auf die typisch deutsche Kleinstadt und ihre heterogene Architektur werfen. Das Projekt für den Kunstverein Langenhagen ist ihr erstes dieser Art in Deutschland. Für die Arbeiten verwendete sie Aufnahmen und Bleistiftzeichnungen nach Fotografien, die sie in Havanna/Cuba, Berlin und Reykjavik gemacht hat. Nahtlos bringt sie Bilder von völlig unterschiedlichen Welten zusammen, ohne dass wir dies auf den ersten Blick merken. Bewusst durchkreuzt Erla Haraldsdóttir unsere Wahrnehmungsmuster. Damit verschafft sie uns spielerische Möglichkeiten für alternative Sichtweisen auf unser gewohntes Lebensumfeld.

7.12.06 – 18.2.07, Einzelausstellung

Annika Eriksson: Eine Probe

Die Arbeiten von Annika Eriksson (*1956 in Malmö, lebt in Berlin) entstehen unter Beteiligung von Personen oder Gruppen, denen sie die Möglichkeit zur Selbstpräsentation anbietet. Dabei handelt es sich beispielsweise um kleine Theateraufführungen, kurze Musikdarbietungen, um Schilderungen der eigenen Arbeit, oder einfach um die Vorstellung der eigenen Person mittels Namen und Beruf. Vor laufender Kamera werden die Präsentationen gefilmt und anschließend als Video gezeigt.

Allen Präsentationen liegt ein Konzept zugrunde, das die Form und den Inhalt der Präsentation festlegt. Gleichzeitig ermöglicht dieses jedoch ganz bewusst einen Freiraum, der den Akteuren überlassen wird. Beispielsweise lud Annika Eriksson verschiedene Orchester ein, den Song »Sour Time« von der Popgruppe Portishead in einer freien Interpretation zu spielen. Da niemand von ihnen vorher Popmusik spielte, bedeutete die Aufgabe für sie ein Angebot, kreativ und radikal mit der Herausforderung umzugehen. In allen ihren Projekten thematisiert Annika Eriksson die Frage nach den Möglichkeiten von authentischer Selbstdarstellung in einem festgelegten Rahmen. Für den Kunstverein Langenhagen inszeniert die Künstlerin während der Ausstellungseröffnung eine Situation, in der ausgewählte Personen vor der Kamera eine Aufführung proben. Dabei können sie von den Besuchern beobachtet werden.

Für den Kunstverein Langenhagen inszeniert die Künstlerin während der Ausstellungseröffnung eine Situation, in der ausgewählte Personen vor der Kamera eine Aufführung proben. Dabei können sie während des gesamten Abends von den Besuchern beobachtet werden. Um was es sich bei der Präsentation handelt, erfahren die Akteure erst kurz vor der "Probe". Fünf Personen wurden für die "Probe" eingeladen: Anja Günther, Horst Hartwig und Martin Hohmann, die bereits umfangreiche gemeinsame Erfahrungen als Amateurschauspieler haben sowie Markus Olbrich und Berndt von Stieglitz, die keinerlei Erfahrungen als Schauspieler haben.

Der Text wird zwar vorgegeben, die individuelle Interpretation wird jedoch den Akteuren überlassen. Dabei lernt sich die Gruppe zunächst erst einmal kennen, sie verständigen sich über den Inhalt der Textvorlage und einigt sich auf die Verteilung der unterschiedlichen Rollen.

11.4.07 – 26.4.07, Einzelausstellung

Olaf Nicolai: Every day at dusk...

Olaf Nicolai (*1962) eröffnet mit seinem Projekt "Every day at dusk ..." (1999/2007) das Jahresprogramm des Kunstvereins Langenhagen. Unter dem Titel "Große Gefühle ..." werden darin künstlerische Positionen diskutiert, in denen emotionale Zustände selbst, ihre unterschiedlichen Darstellungsweisen und Wahrnehmungen thematisiert werden.

Der Titel impliziert bekannte mediale Klischees von Herzschmerz, großer Liebe und scheinbar unvermeidbarem Verlust der Vernunft. Empfindungen und Erfahrungen auf der Gefühlsebene bilden jedoch oftmals gerade erst die Voraussetzungen für rationale Erkenntnis. "Große Gefühle" als Synonym für "große Liebe" bilden das zentrale Sujet innerhalb der gesamten Kunstgeschichte. Dies betrifft sowohl die Darstellung von Gefühlen als Bildmotiv, als auch Motive, die Gefühle beim Betrachten auslösen.

Olaf Nicolais Projekt adaptiert die Idee einer Schießbude auf dem Rummelplatz: In der klischeehaften Vorstellung gehört das Schießen einer Rose für den Helden zum festen Bestandteil seines Besuches auf dem Schützenfest. Erwartungsvoll nimmt seine Liebste die Rose als Beweis seiner Liebe und Zuneigung entgegen. Ambivalenter könnte die Situation kaum sein: Erst der Abschuss der süßen Trophäe scheint den manifesten Beweis großer Gefühle zu erbringen. Die Ambivalenz, mit der Nicolais Arbeit spielt, verweist auch auf das komplexe Verhältnis, in dem Gewalt und kreative Prozesse zueinander stehen.

Jeden Tag um 18:00 Uhr gibt eine Sportschützin fünf Schüsse auf eine Blume ab.

31.5.07 – 22.7.07, Einzelausstellung

Tea Mäkipää: Motocalypse Now

Tea Mäkipää (*1973 in Finnland, lebt in Weimar/Deutschland) setzt sich in ihren künstlerischen Arbeiten kritisch mit Aspekten unseres globalisierten westlichen Lebensstils auseinander. Dabei beschäftigen sie vor allem unsere Überlebensstrategien und Fragen des sozialen Zusammenlebens, unser verantwortungsloser Umgang mit der Natur und die negativen Auswirkungen der Globalisierung. Die Schönheit ihrer nicht selten monumentalen Installationen, Fotoarbeiten und Objekte lädt zum genüsslichen Betrachten ein: Gnadenlos werden darin jedoch die Grausamkeiten und Unerbittlichkeiten der Welt, in der wir leben, geschildert.

In ihren neuen Installationen „Motocalypse Now“, die sie für den Kunstverein Langenhagen konzipiert hat, visualisiert Tea Mäkipää wesentliche Fragen über den Zustand unserer Erde. Auf dem Außengelände des Kunstvereins lässt ein überwuchertes Auto mit dem Titel „Petrol Engine Car, 1860s–2010 R.I.P.“ nichts mehr von der Ideologie unendlicher Freiheit sichtbar werden, die ehemals mit dem Autofahren verbunden war. Die dramatische Installation „Micro Climate“ im Innenraum zeigt ein Schrottauto, aus dem sich scheinbar Menschen zu befreien versuchen. Die Aufstellung von 10 Geboten für das 21. Jahrhundert bietet einfache Möglichkeiten für einen achtsameren Umgang mit unserer Umwelt.

23.8.07 – 23.9.07, Gruppenausstellung

Gefühlte Temperatur...

Sonja Alhäuser, Mark Formanek, Julia Gröning, Antonia Low, Alex McQuilkin, Daniel Müller-Friedrichsen, Regine Müller-Waldeck, Annika Ström, Silke Wagner, Heike Weber

Wenn wir von der Liebe sprechen, kommen uns unverzüglich pathetische Vorstellungen von entrückter Hingabe, süßer Romantik und glühender Verehrung in den Sinn. Gleichzeitig assoziieren wir Gegenbilder, die mit quälender Verzweiflung, Schmerz und Kälte verbunden sind. Diese Ambivalenzen gehören zum Wesen des Menschen: Während wir Freude und Lust als entgrenzend erfahren, erleben wir Schmerz und Unlust als Begrenzung oder Grenzverletzung. In der aktuellen Kunst finden sich im Zusammenhang mit dem großen Gefühl „Liebe“ häufig kritische Auseinandersetzungen mit den medialen Klischees von unerfüllter Sehnsucht und dem Ausverkauf der Liebe im Zeitalter grenzenlosen Konsums. Die Ausstellung versammelt sowohl sehr persönliche Arbeiten, in denen existentielle Grenzzustände und Formen von Obsession unmittelbar sinnlich erlebbar werden, als auch Arbeiten, die sich mit der Frage der Perspektive und des gedanklichen Rahmens eines vermeintlichen Idealbildes beschäftigen.

11.10.07 – 23.11.07, Einzelausstellung

Jannicke Låker & Claudia Reinhardt: Black Hole Memories

Die Ausstellung »Black Hole Memories« stellt mit den beiden Künstlerinnen Jannicke Låker (1968 in Norwegen, lebt in Berlin) und Claudia Reinhardt (1964 in Viernheim, lebt in Berlin und Norwegen) zwei unterschiedliche Positionen vor, in denen das Verhältnis von Authentizität und Inszenierung thematisiert wird. Die Ausstellung findet im Rahmen des Jahresprogramms unter dem Motto »Große Gefühle« statt.

Höchst unangenehm sind die Situationen, in denen sich die Protagonisten der Videofilme von Jannicke Låker befinden. Gnadenlos greift die Künstlerin darin brisante Themen auf, wie Rassismus, sexuelle Gewalt und Machtspiele. Låkers oftmals hemmungslose Geschichten sind dem Zuschauer unbehaglich, da er genau das gezeigt bekommt, was er eigentlich nicht sehen möchte. Den Filmen liegen simple Drehbücher zugrunde, die in einem Setting spielen, das authentische Reaktionen der Darsteller provoziert. In der Ausstellung zeigt Jannicke Låker ihren neuesten Film »Sunday Mornings« (2007). Der Videofilm handelt von einer Frau, die nach einer durchzechten Nacht nach Hause kommt. Die zunächst komisch wirkende Situation bekommt zunehmend eine äußerst erschreckende Dimension.

In Fotografien, Texten und in Form eines Films beschäftigte sich die Künstlerin Claudia Reinhardt mit ihrer eigenen Kindheit und Jugend in der deutschen Kleinstadt Viernheim in Südhessen. Bei Besuchen in ihrer alten Heimatstadt fotografierte sie ehemals vertraute Orte: Das Haus, in dem sie mit ihren Eltern und ihren fünf Schwestern wohnte, den Metzgerladen ihres Onkels, den Friedhof, das Schlafzimmer ihrer Eltern – menschenleere Orte, an denen offenbar die Zeit stehen geblieben ist. Die provinzielle Idylle erscheint auf den Fotografien unheimlich und beklemmend. In der Ausstellung zeigt Claudia Reinhardt eine Reihe von Fotografien aus dem Projekt und ihren neuesten Film »No Place like Home« (2007, 10 Min.). Ruhig und sachlich erzählt sie darin von ihren Erinnerungen. Doch die vordergründig heile Welt lässt tiefe Risse durchscheinen, die sich im Gedächtnis des Betrachters nachhaltig einbrennen.

13.12.07 – 15.2.08, Einzelausstellung

Bjargey Ólafsdóttir: It's All About Happiness

Das Œuvre der isländischen Künstlerin Bjargey Ólafsdóttir (*1972, lebt in Reykjavik) erstreckt sich von Videoinstallationen, Fotografien, Zeichnungen und Gemälden bis hin zu Performances. Bjargey Ólafsdóttir inszeniert Aktionen und erzählt Geschichten.

Darin scheinen die Möglichkeiten ihrer Protagonisten schier ebenso endlos zu sein, wie ihre eigenen, wenn sie darin mit viel Witz und Ironie unsere Vorurteile, Stereotypen, geheime Wünsche und Gefühle aufdeckt. Unvermittelt gerät der Betrachter in die Rolle des faszinierten Komplizen bizarrer Handlungen in einer verrückten Welt, indem er die Dinge ganz selbstverständlich lesen und verstehen kann, als seien sie Realität, obwohl es sich um inszenierte Fiktionen handelt.

Auf der Gefühlsebene wird auch die neueste Installation von Bjargey Ólafsdóttir wirksam, die sie in Chile für den Kunstverein Langenhagen konzipiert hat: Mit Zeichnungen, Videos und Sound verführt sie den Betrachter in eine Welt voller Lachen. Die Ausstellung bildet den Abschluss des Jahresprogramms 2007 unter dem Motto »Große Gefühle«.

27.3.08 – 4.5.08, Einzelausstellung

Suzanne Treister: Hexen 2039 – Neue militärisch-okkulte Technologien für psychologische Kriegsführung Ein Forschungsprogramm von Rosalind Brodsky

Wie werden Kriege in der Zukunft geführt? Und was haben Stargate, der Brocken und das britische Militär miteinander zu tun?

Rosalind Brodsky lebt im Jahr 2039 und ist Zeitreisende für das „Institute of Militronics and Advanced Time Interventionality“ (IMATI) im Auftrag des britischen Militärs. Ihr Ziel ist es, neue Informationen für die Erforschung von nicht-tödlichen Waffen herauszufinden. Dabei trifft sie auf das amerikanische Militär, die CIA und okkulte Gruppen, die Verbindung zur Politik, der Filmindustrie in Hollywood bis hin zur Hexerei aufzeigen. Die in einem komplizierten Geflecht stehenden Gruppen und Personen werden durch die Entwicklung von Methoden der psychologischen Bewusstseinsveränderung miteinander verbunden.

Die Künstlerin Suzanne Treister (*1958, lebt in London) erschuf 1995 die fiktive Person Rosalind Brodsky, die in ihren Science-Fiction-Abenteuern Hauptakteurin und gleichsam ihr Alter-Ego wird. Suzanne Treister studierte am St. Martins und an der Chelsea Kunsthochschule. Sie arbeitet mit verschiedenen Formen und Materialien, so zeichnet sie, kreiert Videoinstallationen und macht Performances.

Der Kunstverein Langenhagen eröffnet mit der Ausstellung „Hexen 2039“ sein Jahresprogramm für 2008: „Kann denn das wahr sein?“. In fünf Ausstellungen werden Aspekte von Wahrnehmung untersucht. Wie nehmen wir etwas wahr und warum halten wir es für wahr? Diesen Fragen geht der Kunstverein Langenhagen in diesem Jahr auf den Grund.

In ihren Arbeiten setzt sich Suzanne Treister mit Zusammenhängen zwischen Identität, Geschichte, Macht und Halluzination auseinander. Wie entwickeln wir aus Geschichte und Kriegsführung einen Sinn? Ist wirklich alles so geschehen, wie wir es in den Büchern lesen oder gibt es doch Zusammenhänge zwischen Personen und Orte, die wir nicht vermuten? Wie zeichnen sich historische Momente als authentisch für uns aus?

Steffi Prange

31.8.08 – 30.11.08, Einzelausstellung

Anna Meyer: White Cube Sitcom

Unter dem Titel »WHITE CUBE • SITCOM« thematisiert Anna Meyer eine Geschichte um Macht, Geld und Politik in der Kunstwelt ihrer Heimatstadt Wien.

Auf 35 durchscheinenden Plexiglastafeln, die frei im Ausstellungsraum aufgehängt sind, hat Anna Meyer mit satten, leuchtenden Ölfarben symbolträchtige Gebäude und einzelne Personen und Gruppen in unterschiedlichen Szenerien in Form comicartiger Text-Bild-Sequenzen gemalt. Als unmittelbar Beteiligte der haarsträubenden Geschehnisse spart sich die Künstlerin selbst auf ihren Bildern nicht aus. Damit nimmt sie sowohl die Position der Beteiligten, als auch der Beobachterin und gleichzeitig Beobachteten ein. Keinesfalls geht es ihr dabei um eine Darstellung von Wahrheit. Sondern ganz bewusst reflektiert Anna Meyer mit ihrer Arbeit die unterschiedlichen Perspektiven von vermeintlicher Wahrheit und ihrer medialen Vermittlung.

Anna Meyer (*1964 in Schaffhausen/Schweiz, lebt in Wien/Österreich) studierte an den Schulen für Gestaltung in Zürich und Luzern. Längere Studienaufenthalte verbrachte sie z.B. in Fujino, Japan, Los Angeles, USA, und Mönchengladbach, Deutschland. In ihren Malereien und großformatigen Billboards für den öffentlichen Raum widmet sie sich globaler Konsumkultur und daraus resultierenden Konflikten und Verschiebungen in den Lebensverhältnissen. Zusammen mit der in Tokyo niedergelassenen Modedesignerin Edwina Hörl beteiligt sich die Künstlerin in Form von Kooperationen an Kollektionen.

31.8.08 – 5.10.08, Gruppenausstellung

Rosebud: Eine Suche zwischen Opulenz und Leere

Scott Campbell, Nathan Coley, Tacita Dean, Carsten Fock, Agnes Martin, Klaus Merkel, Julia Schmidt, David Schnell

Rosebud im Film ist ein Traum, eine Sehnsucht. Diese führt in »Citizen Kane« (USA, 1941) den Medienmogul Charles Foster Kane zu einer Anhäufung unermesslicher Reichtümer und stürzt ihn in eine lebenslang unerfüllt bleibende Suche nach kindlicher Harmonie.

Rosebud in der Ausstellung bleibt eine unbeantwortete Frage nach dem Spannungsverhältnis von Opulenz und Leere. Inwieweit vermittelt das Sichtbare den gemeinten Inhalt oder verstellt eher, verbirgt, lenkt ab? Diktiert das Abwesende das Bild, unsere Wahrnehmung? In welchem Verhältnis stehen in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Ausdrucksformen von Figürlichkeit und Abstraktion, Ornament und Barock?

Anhand ausgewählter Positionen werden diese Fragen untersucht. Innerhalb der Ausstellung werden die Arbeiten miteinander in Beziehung gesetzt. Die Inszenierung versucht dabei Verweise herzustellen und Aussagen zu pointieren. Das Erleben der Kunstwerke und der Ausstellung steht im Vordergrund.

Tilo Schulz

24.10.08 – 30.11.08, Einzelausstellung

Tommy Støckel: From Here to Then and Back Again

Der dänische Künstler Tommy Støckel (*1972 in Kopenhagen, lebt in Berlin) ist fasziniert von Dingen, die etwas anderes vortäuschen, als sie tatsächlich sind. Für seine höchst ausgefeilten geometrischen Skulpturen verwendet er einfachste Materialien, wie bedrucktes Papier, Styropor oder Imitate aus dem Baustoffhandel. Mit großer Akribie formt er daraus mehrteilige, architektonische Skulpturen. Die grafischen Vorlagen für Form und Platzierung der Teile generiert er mit Hilfe eines Computerprogramms. Spuren von natürlicher Vergänglichkeit sind an seinen Skulpturen nicht erkennbar, sondern lediglich als Nachahmungen sichtbar. Durch ihre Modellhaftigkeit lassen sich seine Arbeiten zeitlich und stilistisch nicht eindeutig bestimmen. Für den Kunstverein Langenhagen entwirft Tommy Støckel eine neue, zwanzig Meter lange Arbeit, die sich unmittelbar auf den Raum bezieht. Tommy Støckel studierte an der Royal Danish Academy of Fine Art in Kopenhagen und hatte zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland.

12.12.08 – 15.2.09, Einzelausstellung

Christof Zwiener: textum

Christof Zwieners fragile Fadenskulpturen besetzten Raum als Invasionen irritierender (Un)eindeutigkeit. Seine Arbeit „textum“ beschließt das diesjährige Jahresprogramm „Kann denn das wahr sein?“

Präzise vermisst Christof Zwiener Räume mit Garn, fügt die einzelnen Linien zu einem feinen Netz, das er in wiederum geschwärzte Strecken unterteilt. Aus den Gespinsten entwickeln sich beim Durchschreiten der Räume perspektivische Szenarien. Zeichnungen tauchen auf, verlieren sich wieder, verändern sich beständig. Ludwig Seyfahrt hat sie „als visuelle Bilder an der Grenze des Verschwindens“ beschrieben, als „Versuche, mentalen Imaginationen oder Prägungen, die man als Erinnerungsbilder bezeichnet, eine angemessene ephemere Anschaulichkeit zu verleihen.“

Tatsächlich arbeitet Christof Zwiener häufig mit Referenzen aus Kunst- und Zeitgeschichte. Die Arbeit „Starting at Zero“ im Bonner Kunstverein (2007) verwies beispielsweise auf „WTC Tapestry“, einem von Joan Miró 1974 als Auftragsarbeit gestalteten Wandteppich in der Eingangshalle des World Trade Centers. Zwieners Interesse galt in diesem Fall der Rekonstruktion von Verschwundenem, der aufflackernden Erinnerung an ein nicht mehr Fassbares, das gespenstisch zurückkehrte. Seine prekären Konstruktionen erscheinen als Erinnerungsfragmente, als eindringliches „Zwischenstadium“ auf der Kippe, als leises Verhallen eines erahnten Klangs. Die im Titel angestoßene Assoziationskette legt eine (falsche) Fährte, indem sie einen Anfangspunkt setzt. Denn er erscheint als Vexierbild eines konkreten topografischen Ortes, eines im Bewusstsein eingetragenen geschichtsträchtigen Terrains und dem Nullpunkt, als Ort der Auslöschung und des Neubeginns, an dem das Vergangene durchscheint.

Die für den Kunstverein entwickelte Arbeit „textum“ zielt auf ebendiese Verquickung von Bedeutungsebenen und reflektiert erneut die eigene künstlerische Praxis. Der Titel spielt mit der gemeinsamen Herkunft der Worte Textil und Text aus dem lat – textum, lat. Gewebe. Es sind die stofflichen wie sprachlichem Gewebe, die Zwieners Arbeit verstrickt. Stoffbahnen bilden den Hintergrund, die zweidimensionale Textur des Raumes. Ausgelöste Fäden verspannen sich davor zu dreidimensionalen Geweben, bilden neue räumliche Texturen aus, die sich mit den kulturellen Referenzen zu einem Textraum verweben, der sich beim Durchschreiten öffnen kann.

Christof Zwiener (*1972) hat von 1998 – 2004 an der HBK Braunschweig bei Prof. Raimund Kummer studiert. Einzelausstellungen im Bonner Kunstverein (2006/07) und in den Kunstvereinen Ulm (2005) und Ravensburg (2004), sowie zahlreiche Gruppenausstelllungen in Europa und Nordamerika. Zurzeit sind Arbeiten von Christof Zwiener auch in der Galerie Elly Brose-Eiermann und Sammlung Schürmann in Berlin zu sehen.