Block II
Kunstraum in der Katastrophe
14 Uhr Concerning a ‘wicked problem’ - Kuratieren als transformatorische Praxis mit Nada Rosa Schroer
Kunstinstitutionen sind aus dem Weltbild der kolonialen Moderne hervorgegangen und Teil einer marktgetriebenen Logik. Zugleich tragen sie ein großes Freiheitsversprechen in sich, das heute mit Blick auf die Klimakatastrophe transgenerational gedacht werden muss. Die Fragen, die sich daraus ergeben, sind aufgrund der Drastik der Lage und zunehmender Proteste für politische Maßnahmen unbedingt notwendig: Welche gesellschaftliche Rolle können/sollen Kunstinstitutionen spielen? Was muss geschehen, damit die Worte “ökologisch”, “nachhaltig” und "klimagerecht" nicht nur zur eigenen Beruhigung herhalten?
16 Uhr Care & Urbane Praxis im Regenwasserrückhaltebecken mit Jöran Mandik & Sarah Bovelett (Floating University Berlin)
Seit 2018 organisiert der Floating e.V. im Regenwasserrückhaltebecken des ehemaligen Tempelhofer Flughafens in Berlin ein Lern- und Kulturprogramm mit diversen Themen. Gleichzeitig verfolgt er die Mission diesen einzigartigen Ort zu öffnen, zu erhalten, zu pflegen und der Öffentlichkeit nicht-disziplinäre, radikale und gemeinschaftliche Programme anzubieten. Mit anderen Worten: Es ist ein Ort, an dem man lernen kann, sich zu engagieren, die Komplexität der Welt anzunehmen und sich in ihren Verstrickungen zurechtzufinden, sich andere Formen des Lebens vorzustellen und zu schaffen. Community und Care sind dabei ein ganz zentraler Bestandteil unserer Arbeit. Wir laden euch ein mit uns über die Rolle von Community & Care für diese Art der Urbanen Praxis im Regenwasserrückhaltebecken nachzudenken.
18 Uhr Pink Show Trials mit Luce deLire
Wer hat Angst vor cancel culture ? Wir nicht ! Cancel culture ist ein Symptom der Ungerechtigkeit und nicht ihre Ursache. In Abwesenheit funktionaler Mittel der sozialen Aushandlung greifen wir auf öffentliche Erniedrigung zurück. "Pink Show Trials" dramatisieren die Problematiken progressiver Klimapolitiken im Angesicht sozialer Ungleichheit und internationaler Konflikte aus der Perspektive post-revolutionärer Gerechtigkeit. Die Revolution hat gesiegt. Jetzt grillen wir ihre Gegnerinnen.
Während den Veranstaltungen und am Ende des Tages stellen wir zu essen und zu trinken bereit und freuen uns über kleine Spenden.
Kunstraum in der Katastrophe
Im Juni 2023 im Kunstverein Langenhagen. Ein Auftakt in drei Teilen.
Die uns umgebenden Umwelten sind unübersehbar in krisenvolle, wenn nicht katastrophische Zustände geraten. Genauer gesagt: von menschlicher Aktivität in krisenvolle und katastrophische Zustände gebracht worden. Welche Rolle spielten und spielen Kunsträume dabei? Wie funktionieren sie als Räume der kulturellen Produktion? Was ist ihr Verhältnis zur weiteren Gesellschaft? Wie sind sie jeden Tag an der Herstellung der Verhältnisse beteiligt? Und wie lässt es sich überhaupt noch weiter in diesen Räumen aushalten? Bei diesen Fragen geht es uns eher nicht um pragmatische Lösungen, mittels derer wir mit den sehr wahrscheinlich noch schwieriger werdenden Verhältnissen effektiver (optimierter, kaltblütiger, enthaltsamer) umgehen können, so dass es sie noch ein wenig länger ertragen, sich noch ein wenig länger in ihnen überleben ließe. Vielmehr würden wir uns gerne mit grundlegenden Umorientierungen, anderen Zielen, anderen Modi, vielleicht sogar Auswegen beschäftigen.
Als Auftakt, als konzentrierterer Beginn um nach einem Umgang mit diesen Verhältnissen zu suchen, versuchen wir uns an drei Samstagen im Juni im Kunstverein mittels Vorträgen, Diskussionen, Performances und Anderem diesen Fragen zu nähern. Dabei soll es unter anderem um die Alltäglichkeit der Katastrophe (Klimawandel, Krieg, Migration, zuletzt die Corona- Pandemie) und wie sie unsichtbar gemacht wird, während wir hier einfach weitermachen mit dem was wir machen, um Arbeits- und Produktionsbedingungen im Kunstfeld, um administrative Zwänge und Anforderungen, um Motivationen, um gegenseitige Care und Aufmerksamkeit, um unser Verhältnis zu unserer Umgebung und dem Planeten, um andere Formen des Lernens und Produzierens, um Müll, um Langfristigkeit, um mögliche Zukünfte, um Widerwillen so weiter zu machen wie bisher, um Exits und um noch mehr gehen.
Mit Meike Behm, bonk4∞, Annette Hans, b_books, Bettina Knaup, Nada Rosa Schroer, Floating University Berlin, Luce deLire, Lucie Kolb, Annette Krauss, cittipunkt und anderen..
Kunstraum in der Katastrophe im Juni 2023 wird freundlich gefördert vom Niedersächsichen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der Karin und Uwe Hollweg Stiftung.
Lieben, Leben und Sterben in Symbiose mit Lucile Olympe Haute
Eröffnung 13.12.23, 19 Uhr
Künstler*innengespräch 14.12.23, 19 Uhr
Web-to-print Workshop mit Lucile Olympe Haute und Jeanne Mainetti rund um Themen des menschlichen Zusammenlebens mit Mikroorganismen 25. & 27.1.24
Performance von Lucile Olympe Haute 27.1.24, 19 Uhr
Das Ausstellungs- und Veranstaltungspaket Lieben, Leben und Sterben in Symbiose nimmt verschiedene Facetten der vielfältigen Lebensform Kombucha-Kultur, in welcher Bakterien und Hefepilze in Symbiose ko-existieren als Ausgangpunkt, um von dort aus weitere Fragen, Perspektiven und Reflexionen zu entwickeln.
Die Arbeiten, die Lucile Olympe Haute in der Ausstellung zeigt sind aus Materialexperimenten entstanden: sie sind gleichzeitig sowohl Abfallprodukte der Getränkeproduktion, als auch rituelle Objekte. In der Ausstellung laden sie dazu ein, die Art und Weise zu befragen, wie wir Menschen mit anderen Lebewesen zusammenleben, zusammenarbeiten, wie wir uns um sie kümmern, sie kultivieren, sie ausbeuten. Im weiteren Sinne hinterfragen sie damit unsere gemeinsamen Werte und deren Einfluss auf unsere Beziehung zur Welt.
Im Alltag sind Hefen und Bakterien unsere Verbündeten wie auch unsere Feinde. Sie bevölkern uns bis in unsere intimsten Mikrobiota. Auf und in unseren Körpern sowie in unserer Ernährung arbeiten wir mit ihnen zusammen. Ihre Anwesenheit wird von uns kontrolliert: wir sortieren, züchten oder vernichten sie. Jeder von uns wird von solchen unsichtbaren Wesen bevölkert, jeder von uns ist eine symbiotische Vielheit.
Jedoch: sind wir überhaupt in der Lage, gegenüber mikroskopisch kleinem Leben eine Beziehung der empathischen Projektion zu entwickeln, obwohl wir nur vereinzelt deren Wirkmächtigkeit, aber niemals diskrete Individuen wahrnehmen können? Die in der Ausstellung versammelten kohlenstoffhaltigen Lebensformen sind weder Tiere noch Pflanzen, sondern eine symbiotische, heterogene Vielheit von nicht-eukaryotischen Lebewesen. Sie vermehren sich, wachsen zusammen, vergehen und sterben.
Neben der Ausstellung findet im Rahmen von Lieben, Leben und Sterben in Symbiose ein Künstler:innengespräch, ein Vortrag zum Leben und Sterben von und mit Mikroorganismen mit n.n., ein Web-to-print-Workshop mit Lucile Olympe Haute und Jeanne Mainetti rund um Themen des menschlichen Zusammenlebens mit Mikroorganismen sowie eine Performance mit Lucile Olympe Haute statt.
Das Ausstellungs- und Veranstaltungspaket Lieben, Leben und Sterben in Symbiose wird freundlich von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Hannover sowie dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert.
DAS FEST
Am Samstag, den 29. Juli findet ab 15 Uhr das große Fest im Garten des Kunstvereins statt. Während des Festes können die im Freiraum entstandenen Dinge benutzt, bestaunt und gegessen werden. Außerdem wird es Musik von Bands und DJs geben. Unter Anderem mit Bocu und DJ Homealone.
Das Fest wird freundlich von der VGH-Stiftung und vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert.
Block III
Kunstraum in der Katastrophe
14 Uhr Unterbrechung unterbrechen Gespräch mit Lucie Kolb
Wie können wir institutionelle Strukturen auf eine Weise herstellen, die nicht stört, was als Studium, als gemeinsame Tätigkeit schon vor sich geht? Diese Frage möchte ich im Kontext der Gründung eines neuen Atelierhauses in Basel besprechen.
16.00 Uhr Entüben im institutionellen Wirbelwind mit Annette Krauss
Entüben im institutionellen Wirbelwind - Wie können wir Prozesse des Entübens physisch, intellektuell und gemeinsam angehen? Wer ist das “wir”? Und was hat das mit einer Institution zu tun? Dies sind die Kernfragen von Annette Krauss' theoretischer wie praktischer Auseinandersetzung mit “unlearning” an den Schnittstellen von Kunst, (Bildungs-) Alltag und (institutionalisierten) Normalisierungsprozessen.
18 Uhr Gespräch mit members of cittipunkt
Cittipunkt e.V. ist ein unabhängiges Kulturzentrum in Berlin, Wedding. Es wird von einer wechselnden Gruppe von Künstlerinnen betrieben und wurde im Januar 2022 gegründet. Bisher fanden dort Veranstaltungen für unterschiedliche Publika statt, z. B. Kunstausstellungen, Vorträge, Zeitschriften- und Buchvorstellungen, Lesungen, Konzerte, Filmvorführungen und eine fortlaufende Radiosendung. CP ist auch ein Ort für gemeinsames Lernen (z. B. eine monatliche Lesegruppe) oder das Erledigen von lästigem Papierkram in Gesellschaft (z. B. bei einem monatlichen Steuerclub). Unvermeidlicherweise, aber auch gewollt ist CP ein eher brüchiges Gebilde, da seine Betreiberinnen unterschiedliche Ideen, Ziele, Überzeugungen, Geschmäcker, Hintergründe und Herangehensweisen pflegen. Daher ist CPs Programm und seine öffentliche Rolle in ständiger Verhandlung, kann inkohärent, widersprüchlich und im Fluss sein. Über diesen Fluss, seine Antriebe und Widerstände wollen wir gerne mit euch sprechen.
ab spätestens 22 Uhr Party im Kunstraum mit DJ krew-vl (doom is no excuse) und DJ Verlag (Berlin/Subaruland)
Während den Veranstaltungen und am Ende des Tages stellen wir zu essen und zu trinken bereit und freuen uns über kleine Spenden.
Freiraum für Gedanken und Bauwerke #6
Diesen Sommer findet zum sechsten Mal der Freiraum für Gedanken und Bauwerke, die Bauzeit des Kunstverein Langenhagen, statt. Vom 10. bis zum 28. Juli können alle die Lust haben im Garten des Kunstvereins gemeinsam mit verschiedenen Künstler:innen bauen, nähen, fermentieren und mehr.
Foto: Andre Germar
Auf der Wiese im Garten, zwischen schiefen Bäumen, kleinen Hügeln und schrägen Skulpturen, wollen wir drei Wochen lang ein großes Sommerfest vorbereiten. Was brauchen wir für das Fest? Eine Bühne? Eine große Tafel? Ein Festmahl? Feierliche Kleidung und Schmuck? Und was wollen wir feiern? Die Wärme der Sonne? Den Schatten der Bäume? Unsere seltsamen Ideen, oder die Dinge, die wir gebaut, genäht und zusammengebraut haben?
Der Freiraum für Gedanken und Bauwerke und Das Fest sind eine Zusammenarbeit von jungen Künstler:innen aus der Region Hannover, mit Leuten aus Langenhagen und Umgebung.
Gemeinsam könnt ihr drei Wochen lang an den Vorbereitungen für Das Fest mitwirken. Jede Woche hat dabei einen Schwerpunkt:
10.-14. Juli von 12 bis 17 Uhr: In der ersten Woche werden Möbel zerlegt, gebaut und erfunden. Dabei können Tische, Stühle, Bühnenbilder und mehr entstehen. Mit Orpheo Winter und Charlotte Maria Kätzl.
17.-21. Juli von 12 bis 17 Uhr: In der zweiten Woche werden Stoffe zu Kleidung, Kostümen, Fahnen und Tischdecken verarbeitet. Mit Agathe Borbe und Kira Wieckenberg.
23.-28. Juli von 12 bis 17 Uhr: In der dritten Woche wird mit Essen und Getränken, Düften und Aromen experimentiert, fermentiert und gebraut. Mit Lucila Pacheco Dehne und Jan Neukirchen.
Am Samstag, den 29. Juli findet ab 15 Uhr das große Fest im Garten des Kunstvereins statt. Während des Festes können die im Freiraum entstandenen Dinge benutzt, bestaunt und gegessen werden. Außerdem wird es Musik von Bands und DJs geben.
Die Teilnahme am Freiraum für Gedanken und Bauwerke und am Fest sind kostenlos.
Material ist vor Ort vorhanden, kann aber auch aus eigenen Kellern, Garagen, Kleiderschränken und Vorratskammern mitgebracht werden.
Kommt gerne einfach vorbei oder meldet euch vorher an unter: mail@kunstverein-langenhagen.de Wir freuen uns auf euch!
Der Freiraum für Gedanken und Bauwerke wird freundlich von der VGH-Stiftung und vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert.
Kosmische Brocken - Das Kino des mobilen Kunstvereins
»Kosmische Brocken« schauen aus verschiedenen Richtungen auf die Art und Weise, wie die Welt verstanden und gemacht wird - und wie sie werden könnte. Der Mobile Kunstverein zeigt an drei Terminen dokumentarische und fantastische Filme im Eichenpark in Langenhagen. Kosmische Brocken schlagen ein und rütteln am Verständnis der Welt. Wie verändern sich die Hunde auf den Straßen, wenn eine von ihnen entführt und ins All geschossen wird? Was könnte wohl passieren, wenn virtuelle Realitäten und Biohacking Teil unseres alltäglichen Lebens werden? Und wie können wir uns einen anderen Umgang miteinander, den Tieren und unserem Planeten eigentlich vorstellen - und sind wir bereit, diesen umzusetzen? Der Mobile Kunstverein hat keine Antworten, aber lädt zum Kino und Gespräch ein. Das ist doch schon ein Anfang.
Sonntag, 13. August, 18 - 21 h Space Dogs (FSK 12) russischer Originalton mit deutschen Untertiteln
Sonntag, 17. September, 20 - 23 h Donna Haraway - Story Telling For Earthly Survival (FSK 0) Originalton mit Untertiteln in englischer Sprache
Samstag, 07. Oktober, 20 - 23 h Überraschungsfilm Science Fiction / Body Horror (FSK 16) deutsche Synchronfassung, ohne Untertitel
Veranstaltungsort: Treffpunkt an allen drei Terminen ist die Kapelle im Eichenpark in der Stadtparkallee, 30853 Langenhagen. Bei schönem Wetter gehen wir gemeinsam von dort aus zum Ort der Filmvorführung. Bei schlechtem Wetter schauen wir den Film in der Kapelle. Kommt ihr etwas später, findet ihr den Weg zum Screening, indem ihr den Markierungen auf dem Boden und Hinweisschildern folgt!
Zu Beginn wird es eine kurze Einführung zum Film geben und im Anschluss laden wir euch zum Ausklang mit Getränken und Snacks ein.
Der Eintritt ist frei!
Informationen zur Zugänglichkeit: Die Räumlichkeiten der Kapelle im Eichenpark sind ebenerdig zu erreichen. Die Gehwege des Eichenparks sind ebenerdig zu erreichen. Eine barrierefreie Toilette befindet sich ca. 200 m (3 Gehminuten) von der Kapelle entfernt in dem Kioskgebäude des Eichenparks. Sitzgelegenheiten, Getränke und Essen stehen in begrenzter Menge zur Verfügung.
Das Projekt Kosmische Brocken wird organisiert von Lea Schürmann, Theresa Tolksdorf und Gregor Kieseritzky im Rahmen vom mobilen Kunstverein des Kunstverein Langenhagen.
Kosmische Brocken wird gefördert von der Bürgerstiftung Hannover, der Stiftung Kulturregion Hannover und dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
Wir sind nie getrennt gewesen
Wir sind nie getrennt gewesen - jenseits von Natur und Kultur
Donnerstag 7.9. 19 Uhr Eröffnung
Samstag 23.9. 19.30 Uhr Produktionsgespräch + Führung (mit Michael Dobrindt, Birte Heier und Sebastian Stein)
Samstag 4.11. 20 Uhr Screening von Melanie Bonajos Night Soil Trilogy
Donnerstag 9.11. 19 Uhr Vortrag und Gespräch mit Dr. Boniface Mabanza Bambu
Dreck, Erde, Matsch, Gerüche, Gefühle, Haare, Überborden. Warten, Sorgen, Jammern, Essen, Ameisen in der Küche. Sterile Räume, saubere Trennungen, glatte Oberflächen, rasierte Haut, perfektes Ineinandergreifen. Intellekt, Smart, Fortschritt, Disziplin, Kontrolle, Gift für die Ameisenkönigin. Der Wind, der weht, Zooporno, flirrende Sporen, Erotikschreine, Wellen, die schwappen, Erde, die arbeitet. Atomwaldgeister, Mutterleiber, pulsende Datenströme, blubbernde Därme, Botenstoffrituale, Kunstmatsch, Techmagie, Selbsthingabe.
Das Ausstellungs- und Veranstaltungspaket Wir sind nie getrennt gewesen geht der sich auflösenden Vorstellung der Getrenntheit der Sphären von Natur und Kultur nach. Als Ausstellung mit Beiträgen von Centre Parrhèsia/Society of the Friends of the Virus, Michael Dobrindt und Tabita Rezaire, als Screening von Melanie Bonajos Night Soil Trilogy, als Vortrag zur Dekolonisation von Mensch-Natur-Beziehungen mit n.n. sowie als Führung mit Produktionsgespräch. Als Flagge im Garten, als Eröffnungsrede, und als dieser Text.
Vorstellungen davon, dass Natur und Kultur strikt voneinander getrennte Sphären seien, wurden in unserer sogenannten westlich-abendländischen Kultur vor etwa 600 Jahren mit der Renaissance im Rückgriff auf einige Denker des klassischen Griechenlands eingeführt. Seitdem wurden sie im Laufe von Aufklärung und später der verschränkten Entstehung von Kapitalismus, Moderne und Kolonialismus institutionalisiert und zum Fundament unseres Verständnisses der Welt – der westlichen Kosmologie. Mit diesem Gegensatzpaar auf die eine oder andere Art und Weise verbunden, lassen sich weitere begriffliche Gegensätze anführen: Himmel - Erde, Geist - Körper, rational - emotional, objektiv - subjektiv, kultiviert - unkultiviert, sauber - dreckig, drinnen - draußen, hell - dunkel, Reinheit - Sünde, männlich - weiblich, zivilisiert - unzivilisiert, modern - tradionell, spirituell - materiall, u.v.a.m.
Seit immer schon und seit längerem immer mehr gibt es aus unterschiedlichsten Kontexten Kritik an diesen Trennungen und auch Gegenentwürfe dazu. Heute nun im Zuge von Klimawandel bei gleichzeitig weiter beschleunigendem technologischen Wandel wird hier, mitten im Zentrum der westlichen Welt deutlicher denn je, was seit einigen Jahrzehnten nun auch immer mehr westliche Wissenschaftler:innen in ihren Forschungen feststellen: Natur und Kultur, Welt und Zivilisation, Nichtmenschliches und Menschliches sind keine voneinander getrennten Sphären und waren es nie.
Wir sind nie getrennt gewesen verhandelt auf künstlerische Weise verschiedene mit der Trennung von Natur und Kultur verbundene Vorstellungen und Dynamiken, ihre historischen Ursprünge und gegenwärtigen Ausprägungen, ihre Überschneidungen, ihre Störungen und Auflösungen und ihre eventuellen Zukünfte. Dabei legt sie einen besonderen Fokus auf Arten und Weisen des Ausstellens, Domestizierung von Natur, Technologie, Oberflächen, Spiritualität, Gender, Sexualität, Dekolonisation, Heilung, Herrschaft und Autonomiebestrebungen.
Wenn dem Dreck, den Dingen, der Erde, den Pflanzen, den Tieren und natürlich auch den menschlichen Körpern, die bisher nicht als ganze Menschen behandelt werden, auch ein Werden und ein Wollen zugestanden worden sein wird; und sie keine tote, nur den Gesetzen der Mechanik folgende Materie und wegwerfbares Material mehr sind; wenn sie anerkannte Mitspielende im Konzert und Krieg unseres alltäglichen sozialen Lebens geworden sind – dann könnte Trennung auch Umarmung sein.
Wir sind nie getrennt gewesen wird sehr freundlich von der Stiftung Niedersachsen gefördert.
Künstler*innengespräch mit Lucile Olympe Haute
Gespräch in Englischer Sprache mit Lucile Olympe Haute zu den Hintergründen von Lieben, Leben und Sterben in Symbiose und ihrer künstlerischen Praxis.
Lucile Olympe Haute ist bildende Künstlerin, Performerin, Videomacherin und Multimedia-Künstlerin. Sie studiert und verkörpert eine bestimmte Figur des Cyborgs, indem sie Performances an der Grenze greifbarer und imaginärer Räume aufführt. Sie konfrontiert das Entstehen von Performance mit der (relativen) Vorhersehbarkeit digitaler Werkzeuge. Sie lebt und arbeitet in Paris, in Zügen und in entvölkerten Landschaften. Sie arbeitet mit traditionellen (Zeichnung, Holz) und zeitgenössischen (Video, Foto, Programmierung) Techniken, um Bilder und Formen einzufangen, die immer schon da waren und sind, um zur Schamanin einer geschichteten, hybriden Welt zu werden.