6.6.11, Veranstaltung

Blitzlicht #3: Quick Magazine

Julian Stalbohm, Jan Paul Evers

Blitzlicht 3: Quick magazine Künstlerbücher gehören seit Jahrzehnten zum festen Bestandteil künstlerischer Arbeit, in den letzten Jahren erscheinen verstärkt fortlaufende Publikationen in Heftform, die von Künstlern selbst gestaltet und hergestellt werden. Der Kunstverein Langenhagen präsentiert mit Quick magazine ein solches Künstlerprojekt, das von Arno Auer, Meisterschüler an der HBK Braunschweig konzipiert wurde. Das Quick magazine Team besteht aus: Arno Auer, als Herausgeber und Franziska Nast, die mit Arno Auer die Gestaltung der Hefte verantwortet.

Quick magazine erscheint seit November 2010 als Künstlerheft sechs Mal pro Jahr und lädt jeweils eine/n Künstler/in ein, Arbeiten für das Heft auszuwählen oder neu zu entwickeln. Schwerpunkte liegen auf Strategien der Aneignung und der Erforschung von Ideen durch Bilder. Die Hefte werden auf einem sog. Risographen gedruckt (Siebdruckverfahren, Schablonendruck mit Masterfolie auf rotierender Trommel) und erscheinen in einer Auflage von 150 - 250 Stück pro Ausgabe. Zusätzlich werden Druckgrafiken als Editionen in Auflagen zu 25 Stück angeboten.

Blitzlicht 3 präsentiert die Quickmagazine

1 Julian Stalbohm: from the series: famous crashs reenacted by xerox

2 Jan Paul Evers: Selbstinhalt und Materialprobe und Arbeiten der Künstler

24.6.11 – 14.8.11, Einzelausstellung

Sophie Bueno-Boutellier: Rive Gauche

Sophie Bueno-Boutelliers raumgreifende Installationen und Skulpturen führen verschiedenste Materialien und Referenzen zusammen. Die französische Künstlerin kombiniert Form- und Materialqualitäten unterschiedlicher Herkunft und konfrontiert deren z.T. gegenläufige Bedeutungshorizonte, um neue formale wie konzeptuelle Einheiten zu schaffen. Im poetischen Spiel mit Andeutung und Fragment entwirft Sophie Bueno-Boutellier Räume, die sich - von vielschichtigen Deutungsmöglichkeiten durchwirkt - einer eindeutigen Erklärbarkeit entziehen. Mit den Wandarbeiten der Reihe „Kind of Paintings“ radikalisiert Sophie Bueno-Boutellier die Suche nach einem sinnlich visuellen Erfahrungsraum, indem sie 'Malerei' auf minimale gestische und farbliche Eingriffe der Leinwandfaltungen reduziert.

In der Ausstellung Rive Gauche widmet sich Sophie Bueno-Boutellier dem Konzept der Wiederholung. Sie wurde von Gertrude Steins poetische Arbeiten, die Wiederholung als Möglichkeit eines vertiefenden Verständnisses postulieren,inspiriert. Einen weiteren Bezugspunkt fand die Künstlerin in Gilles Deleuzes „Wiederholung und Differenz“.

Sophie Bueno-Boutellier kombiniert neue skulpturale Arbeiten mit Werken aus der Reihe "Kind of Paintings". Für den Kunstverein entwarf sie fragile Rahmenkonstruktionen, Ton- und Bronzeformen, die sie zu räumlichen Ensembles gruppiert. Trotz ihrer vorgeblichen Zartheit bilden die skulpturalen Elemente in Verbindung mit den Leinwandfaltungen ein Gegengewicht zur funktionalistischen Architektur des Kunstvereins und entfalten einen Erfahrungsraum jenseits einfacher, begrifflicher Zuordnungen.

Der Kunstverein Langenhagen freut sich mit Rive Gauche Sophie Bueno-Boutelliers (*1974) erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland zu präsentieren. Die in Berlin lebende Künstlerin studierte an der Villa Arzon in Nizza und war europaweit und in den USA in Gruppenausstellungen vertreten. Bis zum 25. September sind ihre Arbeiten auch in der Gruppenausstellung Lumière Noire, die eine pointierte Auswahl aktueller künstlerischer Positionen aus Frankreich versammelt, in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu sehen.

24.8.11 – 9.10.11, Einzelausstellung

Natalie Czech: Hidden Poems

Hidden Poems ( engl. verborgene Gedichte) - Der Titel der Einzelausstellung von Natalie Czech im Kunstverein Langenhagen übernimmt den Titel einer Werkreihe, die fortlaufend seit 2010 entsteht, beschreibt aber zugleich auch das für jüngsten Serie A Small Bouquett (2011), einer umfangreichen Neuproduktion für den Kunstverein Langenhagen, bestimmende Interesse der Künstlerin an Sprache, Dichtung und Bild.

Die Fotografien der Serie Hidden Poems zeigen ganzseitige Abbildungen oder Ausschnitte aus Büchern und Magazinen. Beim genaueren Hinsehen sind in den vergrößerten Abzügen Markierungen, die die Künstlerin mit farbigen Stiften in den Texten hinterläßt, zu erkennen. Diesen Fährten folgend sehen sich die BetrachterInnen in den Prozess des Entzifferns und Lesens verwickelt und entdecken zuvor "verborgene" Gedichte/Poems bekannter Autoren wie Wolf-Dieter Brinkmann, E.E. Cummings oder Jack Kerouac in den abgebildeten Texten. Natalie Czechs bevorzugte Autoren widmen sich der literarischen Darstellung eines aufblitzenden Augenblicks subjektiver Wahrnehmung im Alltäglichen. Brinkmann bezeichnete seine Gedichte und Textfragmente in Anlehnung an Fotografie als Snapshots (Schnappschüsse). Natalie Czech wiederum setzt diese literarischen Schnappschüsse ins fotografische Bild. Die sichtbar gemachten "verborgenen" Gedichte evozieren neue Bilder und Betrachtungsweisen, die auf die Deutung des Ausgangsmaterials der "informativen" Texte mit zugehörigen Illustrationen zurückwirken. Die alltägliche Erfahrung des Abschweifens oder Tagträumens ist zentral für Natalie Czechs Verfahren. In den ausgewählten Gedichten findet sie die passenden Signale für eine poetische Erforschung und Überformung, einer eher assoziativen Aneignung der Ausgangstexte und -bilder. Auf diese Weise veschränkt sie die häufig als gegenläufig beschriebenen Prozesse des Betrachtens, Lesen und der dabei in Gang gesetzten Imagination zu in einem dialogischen Wahrnehmungsprozess und macht sie für den Umgang mit der medial geprägten Lebenswelt und für grundsätzliche Überlegungen zum Status von Bild und Text in Kunst und Alltag produktiv. Oppositionelle Kategorien der Zeit, wie Dauer und Augenblick, aber auch der Dokumentcharakter der fotografischen Abbildung und die Verbindlichkeit der begrifflichen Aussage und der Autorschaft verlieren dabei an Eindeutigkeit. Mit den Hidden Poems legt Natalie Czech die Beteiligung der Autoren der Ausgangstexte und Bilder, die Dichter/innen und die Betrachter/innen als Akteure bei der Bildgenese offen.

In der siebenteiligen fotografischen Arbeit A Small Bouquet, radikalisiert Natalie Czech die Frage nach der Autorschaft, Lesbarkeit und Deutung und kehrt den für die Hidden Poems bewährten Prozess des Einschreibens in ein bestehendes Text/Bildgefüge um. Das Figurengedichts A small Bouquett des amerikanischen Dichters und Kunstkritikers Frank O’Hara (1926 - 66) ist zugleich Bild und Gedicht. Frank O'Hara gab seinem Gedicht die Form eines Blumengebindes aus drei Blumen in einer Kanne, das er aus Einzelworten und Wortkombinationen in Schreibmaschinenschrift auf einer Seite anordnete. Dabei steht das Bild nicht in einem illustrativen Verhältnis zum Text, sondern erscheint eher als Kommentar. Durch die Anordnung und Aufsplittung der Textelemente befreite O'Hara das Gedicht von einer festgelegten durch die Lesrichtung fest geschriebene Textordnung. Der Text ist in unterschiedlichen Richtungen lesbar und verunmöglicht eine somit eindeutige Sinnzuschreibung. Natalie Czech bat sieben Autoren, - Andrew Bernardini, Julien Bismuth, Maia Gianakos, Leslie-Ann Murray, Mick Peter, Nathania Rubin und Alix Rule – jeweils einen zusammenhängenden Text zu schreiben, in dem das Kalligramm aufgehoben ist. Sie entwarf eine Vorlage, die es den Autoren ermöglichen sollte, ihre Texte punktgenau um Frank O'Haras Poem zu entwickeln. Auf diese Weise entstanden sieben ganzseitige Texte, die die originäre Bildhaftigkeit des Ausgangstextes verbergen und die gewohnte Lesrichtung in Zeilen wieder einführen. Natalie Czech präsentiert diese Texte als Fotografien einer aufgeschlagenen Buchseite auf schwarzem Grund, wobei sie das Seitenlayout der Erstausgabe des Gedichts übernimmt. Nachträglich umkreist sie mit farbigen Kreiden die Worte des Ausgangsgedichts auf der Fotografie und stellt die Bildlichkeit des Kalligramms in einer malerischen Geste wieder her. In der Ausstellung sind alle sieben Arbeiten zu sehen. Zunächst erscheinen sie als Wiederholungen gleichförmiger Abbildungen. Ihre Differenz erschließt sich erst im Vergleich, wobei die Abweichungen sich zunächst in der Platzierung der Markierungen andeuten und erst beim Lesen der Gedichte in vollem Umfang zu Tage treten. Einem vordergründigen, identifizierenden Sehen und der damit verbundenen Vereinnahmung widerstehen diese Fotografien.

Natalie Czech verbindet textuelle und bildliche Operationen zu einer ausgeklügelten Bildreihe, die sich zentralen Fragen des Verhältnisses von Bild und Text, der Lesbarkeit von Bildern und des Potenzials der Sprache, Bilder zu entwerfen und zu deuten widmet. Das Verhältnis von Text und Bild ist eine der zentralen Fragen aller Schriftkulturen. Gerard Genette entwarf für die Literaturwissenschaft mit dem Bild/Begriff Palimpsests einen sog. Textraum in dem ein jeglicher Text durch die Anwesenheit verborgener Texte geprägt ist und somit unterschiedliche Bezugnahmen und entsprechende Deutungen zulässt. Als Palimpsest wird der Abdruck und das Durchscheinen einer vorangegangenen Beschriftung auf antiken Texttafeln bezeichnet. Natalie Czechs Vorgehensweise könnte auch als gezielte Produktion von Palimpsesten gelesen werden. Doch liegt ihr Anliegen nicht in der Produktion von intertextuellen Referenzen. Sie entwirft Bildräume, die zugleich Texträume sind. Die mediale Fassung von Schrift und Bild in Druckerzeugnissen thematisiert sie als Konstellationen, deren Klischees durch kluge Interventionen nicht ausgesetzt aber aufgebrochen werden. Sie übernimmt die Rolle einer Editorin, die mehrstimmige Textproduktionen initiiert und zu einem mehrteiligen Bildraum zusammenführt. Mit ihren Arbeiten führt sie als Sparchkünstlerin auf ihre eigne Weise die alte Auseinandersetzung mit pictura und poesis fort.

Natalie Czech (*1976) lebt und arbeitet in Berlin. Sie erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, ihre Arbeiten wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa und den USA präsentiert. In diesem Jahr sind ihre Arbeiten u.a. in Ausstellungen im Kunsthaus Bregenz, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen / Schaufenster, Düsseldorf und bei C/O Berlin zu sehen.

21.10.11 – 27.11.11, Gruppenausstellung

Pour vous, Les trois saisons

Shannon Bool, Alex Müller, Niels Trannois

Shannon Bool (1972, Kanada), Alex Müller (1969, Deutschland) und Niels Trannois (1976, Frankreich): Zwei Künstlerinnen und ein Künstler aus drei Nationen, mit unterschiedlichen Ausbildungshintergründen und Sprachen leben und arbeiten in direkter Nachbarschaft in Berlin Neukölln. Seit einigen Jahren realisieren sie gemeinsame Ausstellungsprojekte.

Malerei ist der gemeinsame Arbeitsschwerpunkt. Bool , Müller und Trannois nutzen neben verschiedenen Techniken auch unterschiedliche Materialien wie Stoffe Seide, Fotogramme, Teppiche, Keramik etc. Objekte und Rahmenkonstruktionen sind weitere Bestandteile der umfangreichen künstlerischen Produktion. In Kombination mit den Bildern fügen Bool , Müller und Trannois sie zu beziehungsreichen Inszenierungen. Literatur, Kunst und Kulturgeschichte, Film, Psychologie, Musik, sowie alltägliche Lebenswelten bilden wichtige Quellen für die künstlerische Produktion. Bool, Müller und Trannois verarbeiten diese Bezüge zu individuellen Mythologien und reflektieren Bildtraditionen, ihre Bedeutungshorizonte und Gebrauchsweisen.

Im Kunstverein Langenhagen kreuzen sich erneut die Wege der KünstlerInnen: pour vous, Les trois saisons präsentiert jeweils neueste Arbeiten in der gemeinsam gestalteten Ausstellungssituation.

9.12.11 – 5.2.12, Einzelausstellung

Chromas

Ingo Mittelstaedt

11.3.12 – 8.4.12, Einzelausstellung

Judith Raum: L'Inspecteur des Cultures

Seit 2009 beschäftigt sich Judith Raum (*1977) mit dem als »Bagdadbahn« bekannt gewordenen deutschen Eisenbahnbau im Nahen Osten zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In ihrer künstlerischen Arbeit widmet sie sich den Auswirkungen der deutschen Finanzpolitik auf die kulturellen Beziehungen zwischen deutschem und osmanischem Reich und der Übersetzung der untersuchten Strukturen in materielle und performative Prozesse.

1888 beauftragte das Osmanische Reich eine Gesellschaft unter Leitung der Deutschen Bank mit dem Bau der »Anatolischen Eisenbahn« - einer die heutige Türkei durchquerenden Bahnlinie, die bis an die Ölfelder nach Bagdad reichen sollte. Bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs richteten sich die Ideen und Initiativen deutscher Unternehmer auf eine umfassende Nutzung der Ressourcen und Märkte Anatoliens. Neben zahlreichen Aufträgen an die deutsche Stahlindustrie entwickelten so etwa fränkische Hauswebereien gemusterte Tücher für den anatolischen Markt. Agraringenieure (Inspecteurs des Cultures) wurden entsandt, um den großflächigen Anbau von Bodenfrüchten sowie die Verbreitung deutscher landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte in Anatolien voranzutreiben.

In Archiven in Deutschland, England und der Türkei hat Judith Raum Bildmaterial und Korrespondenzen gesammelt, die diese Unternehmungen, ihre Sprache und Bildpolitik dokumentieren. In ihrer für den Kunstverein Langenhagen konzipierten Ausstellung stellt sie eigene Objekte und großformatige Stoffarbeiten mit Archivfotos und Textdokumenten in einen räumlichen Zusammenhang, anhand dessen die untersuchte Wirtschafts- und Sozialgeschichte vielstimmig, multiperspektivisch und -medial lesbar wird. Die Art der Anordnung, Aufstellung und Hängung der Textilien und Objekte im Ausstellungsraum folgt provisorischen Konstruktionen und Befestigungen, wie sie der Künstlerin an Orten und in Maschinen entlang der Bagdadbahn begegnet sind. Mehrfach mit Tuschen bearbeitete Stoffbahnen greifen die für den Nahen Osten hergestellten textilen Oberflächen der deutschen Hausweber auf. Die Gestaltung und Präsentation der Dokumente und Artefakte erzeugen so ein Echo der historischen Erzählstrukturen und Gebrauchsweisen.

Judith Raum studierte Bildende Kunst in Frankfurt/Main und New York City sowie Philosophie, Kunstgeschichte und Psychoanalyse in Frankfurt/Main. Von 2007-2011 unterrichtete sie mit einem Lehrauftrag an der Universität der Künste Berlin, wo sie derzeit Stipendiatin der Graduiertenschule für die Künste und Wissenschaften ist. L`Inspecteur des Cultures. ist Judith Raums erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland.

22.4.12 – 10.6.12, Einzelausstellung

Jean-Pascal Flavien

Jean-Pascal Flaviens künstlerische Arbeit entsteht aus drei wesentlichen Praktiken: experimentellen Architekturen, Buchpublikationen und Performances. Im Kunstverein Langenhagen präsentiert Flavien Modelle seiner in den letzten vier Jahren realisierten Häuser: the viewer, 2007 (Rio De Janeiro), no drama house, 2009 (Berlin) und two persons house, 2010 (Sao Paolo) als Beispiele dieser Praxis. Die Ausstellung konzentriert sich auf das no drama house und präsentiert Arbeiten, die aus der Auseinandersetzung mit dem Haus in den letzten Jahren entstanden sind.

Das einen Meter breite und acht Meter lange no drama house wurde als Layout räumlicher Probleme entworfen, um das sich spezifische Gesten und Handlungen entwickelten. Bis zu seiner Schließung im März diesen Jahres war das im Sommer 2009 auf dem Gelände der Galerie Giti Nourbakhsch in der Berliner Kurfürstenstrasse erbaute no drama house Ort für Ereignisse und Aufführungen. Unter anderem präsentierte Flavien dort die Performance PLAy, die er an der Jan van Eyck Akademie in Maastricht wiederholte oder das Cinonema no drama cinema, eine multiple Filmprojektion, die zunächst am Haus selbst projeziert wurde und im Mai diesen Jahres in der South London Gallery erneut gezeigt wird. Das Haus war aber auch Ort einer kontinuierlichen Reihe alltäglicher Aktivitäten des Künstlers. Er nutzte es u.a. als Arbeitsplatz und filmte seine Interaktionen im Umgang mit der „problematischen“ Raumanordnung.

Zu den ausgestellten Arbeiten gehören die Möbel des Hauses, einige Modelle, außerdem die P-lay-outs ( eine neue Serie grafischer Blätter), sowie die Bücher, die Flavien in Verbindung mit dem Projekt publizierte und die Mikrofilme, die im Haus produziert wurden. Während der Ausstellungsdauer werden die Möbel des no drama house in einer Abfolge unterschiedlicher Konfigurationen gezeigt. Flavien präsentiert diese Konfigurationen als Sätze oder Wortfolgen bei der die einzelnen Elemente gleichzeitig als Möbel und potentielle sprachliche Zeichen fungieren. Jedes Möbelstück verweist auf die ihm verwandten Tätigkeiten (sitzen, schlafen, essen, arbeiten, tagträumen), Tätigkeiten deren Ordnung und Abfolge beständig durch die Unwägbarkeiten des Lebens im no drama house verschoben und umgeformt werden.

Jean-Pascal Flavien (* 1971) nahm an zahlreichen internationalen Gruppenausstellungen, u.a. im Kunsthaus Bregenz, im MUSAC Leon und der Tate Modern in London teil. Zurzeit entwickelt und realisiert er zwei neue Hausprojekte: das statement house (Arbeitstitel) auf einem Dach in New York und das breathing house, das gerade im Centre d'Art du Parc Saint-Léger in Frankreich gebaut wird. Die Ausstellung im Kunstverein Langenhagen ist seine erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland. Es erscheint ein Katalog in Kooperation mit dem Centre d'Art du Parc Saint-Léger

8.7.12 – 26.8.12, Gruppenausstellung

AN_Eignungen

Arno Auer, Rolf Bier, Erik Blinderman & Lisa Rave, Oliver Bulas, Jeremy Deller, Christoph Faulhaber, Christoph Girardet, Séverine Hubard, Heike Kabisch, Ines Lechleitner, Lotte Lindner & Till Steinbrenner, Frauke Materlik, Sebastian Neubauer, Inka Nowoitnick, Yelena Popova, Simona Pries, Judith Raum, Claus Richter, Patrick Rieve, Silke Schatz, Julia Schmid, Dagmar Schmidt, Jochen Schmith, Maya Schweizer, Kateřina Šedá, Özlem Sulak, Sofie Thorsen, Katarina Zdjelar & als Nachspiel der Kunstverein St. Pauli

Das Jubiläum 700 Jahre Langenhagen gibt Gelegenheit, nach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in dieser Stadt, die exemplarisch für viele Städte sein kann, zu fragen: Wo finden wir öffentliche Räume und wie gehen wir mit ihnen um? Wie erzählen wir Geschichte? Wie leben wir in einer globalen Welt? Wie wollen wir wohnen? Wie vertragen sich Stadt und Natur? Verkehr? Wie kommunizieren wir? Wie konsumieren wir? Welche Orte wollen wir nicht kennen? Und an was fällt die Erinnerung schwer? In Auseinandersetzung mit diesen Fragen präsentiert die internationale Gruppenausstellung An_Eignungen künstlerische Arbeiten an verschiedenen Orten in Langenhagen.

Während einige Künstlerinnen und Künstler eingeladen wurden, Arbeiten vor Ort zu entwickeln, zeigen ausgewählte künstlerische Arbeiten unterschiedliche Zugänge zu den oben genannten Fragestellungen auf und treten in den Dialog mit den Präsentationsorten. Es entsteht eine Vielfalt von Perspektiven auf zeitgenössische Erfahrungen. Insgesamt fokussiert die Ausstellung »alltägliche Lebenswelten« und widmet sich zeitgenössischen sozialen Handlungsräumen und Thematiken. Dazu gehören u. a. ökonomische und ökologische Fragestellungen sowie die exemplarische Untersuchung von Geschichte.

9.9.12 – 11.11.12, Einzelausstellung

Silke Schatz: Extra Langenhagen

Silke Schatz (*1967) betreibt eine eigene Form künstlerischer Archäologie, die sich ausgewählten Orten und ihrer Geschichte widmet. Neben biografischen Elementen und (kultur)geschichtlichen Quellen stellt die Auseinandersetzung mit Erinnerungsarbeit und Literatur wichtige Bezugspunkte ihrer vielfältigen Projekte dar. In ihren Arbeiten konfrontiert und verwebt Schatz unterschiedliche Perspektiven, Zeitschichten und Assoziationen zu mehrdimensionalen Raumkonstruktionen.

Anlässlich der Einzelausstellung im Kunstverein Langenhagen hat sich Silke Schatz mit dem Eichenpark in Langenhagen beschäftigt. Vor 150 Jahren, im Jahr 1862 wurde hier die "Heil- und Pflegeanstalt für geistesschwache und blödsinnige Kinder" gegründet, aus ihr entstand durch rasche Erweiterung die sog. “Idiotenanstalt“, schließlich die „Nervenklinik Hannover“. Anwohner erinnern sich, dass das Gebiet noch in den 80er Jahren eingezäunt und tabuisiert war. Mittlerweile ist das Areal als großer Landschaftspark in Mitten Langenhagens einer öffentlichen Nutzung zugeführt worden. Es finden sich historische Spuren, ohne jedoch Hinweise zur Geschichte des einstmals abgeschlossenen Ortes zu liefern. Silke Schatz verknüpft die in Besuchen des Eichenparks und Gesprächen mit Zeitzeugen gewonnenen Eindrücke zu einer Installation im Kunstverein Langenhagen und in der Kapelle im Eichenpark.

Silke Schatz wuchs in Hannover auf und studierte an der HBK Braunschweig. Internationale Bekanntheit erlangte sie u.a. mit den mehrteiligen Arbeiten Mothership, die während ihres Stipendienaufenthalts an der Villa Massimo in Rom entstand, Wurzelkind, die verschwiegene Anteile der Familiengeschichte während der Nazizeit in Celle aufdeckte und Terezin, die um das Konzentrationslager Theresienstadt kreist.

25.11.12 – 3.2.13, Einzelausstellung

Christian Haake: Echoes

Christian Haake baut mit akribischer Präzision Modelle alltäglicher Objekte und Räume. Die verführerische Virtuosität, mit der er die kleinsten Details ausführt, verleitet zunächst dazu, die Miniaturen oder etwa lebensgroßen Installationen für »bare Münze« zu nehmen und in ihnen einfache Dopplungen der Realität zu erblicken. Doch schleicht sich bald eine gewisse Irritation ein, die durchaus beabsichtigt den ersten Eindruck korrigiert. Denn Haake ist nicht der perfekten Nachbildung auf der Spur. Vielmehr entstehen alle Arbeiten aus dem Gedächtnis des Künstlers, als Nachbilder, die feine Abweichungen, Fehler im System aufweisen.

Beim Bau der Modelle verzichtet Haake auf jedwede Vorlage, die eine Vermessung und damit eine maßstabsgetreue Übersetzung ermöglichen würde. Einzig die Erinnerung dient als Vergleichsgröße und beschreibt die zentrale Kategorie seiner künstlerischen Arbeit. »Wirklichkeitsspiele« hat Thorsten Jantschek Haakes Arbeiten genannt, Versuchsfelder, die die Möglichkeit eröffnen, unser Verhältnis und unsere Wahrnehmung zu den Dingen zu befragen. Denn der »Realismus« der Haakeschen Modelle verdankt sich der produktiven Kraft von Erinnerung und fußt auf der Erkenntnis, dass Erinnerung Wahrnehmungsprozesse zutiefst beeinflusst und strukturiert. Haakes Interesse an Erinnerungsarbeit gilt dem fortlaufenden Rekonstruktionsprozess, bei dem Lücken, Risse und Leerstellen des Vergessens mit verschiedenen Beobachtungen aufgefüllt und Realitäten somit sachte verschoben werden.

Neben Objekten und Installationen umfassen Haakes Arbeiten auch Zeichnungen, Filme und Fotografien, die sich sich der alltäglichen Lebenswelt und häufig geläufigen Architekturen (halb-)öffentlicher Räume widmen. Sie knüpfen an kollektive Erinnerungsbilder an und werden zu melancholischen Bestandsaufnahmen der »Unwirtlichkeit der Städte«. Dabei verzichtet Haake auf jede effekthascherische Inszenierung des Unheimlichen. Seine Arbeiten machen vielmehr, wie Janneke de Vries schreibt, die Erfahrung der »Fremdheit des Alltäglichen« möglich. Im Kunstverein Langenhagen realisiert Christian Haake neue Arbeiten für die Ausstellungsräume.

Christian Haake (*1969 in Bremerhaven) lebt und arbeitet in Bremen. Er studierte Kunst an der HfK Bremen und Kunstwissenschaft und Philosophie an der Universität Bremen. Er erhielt den Bremer Kunstpreis (2007), den Preis des Freundeskreises der HfK Bremen (2009) sowie den Paula Modersohn Becker Preis (2010) und das Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds (2011). Seine erste institutionelle Einzelausstellung fand 2011 in der GAK, Gesellschaft für Aktuelle Kunst in Bremen statt. 2012 Einzelausstellungen im Kunstverein Ruhr und in Langenhagen. Haake war an zahlreichen Gruppenausstellungen und Projekten beteiligt, u. a. Künstlerhaus Bremen, Cuxhavener Kunstverein, Riga Art Space und Arthur-Boskamp-Stiftung sowie »Nordlichter – 84. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler« des Kunstvereins Hannover.

10.2.13 – 31.3.13, Einzelausstellung

Maya Schweizer: Edith Seeshow's Notes

Der Kunstverein Langenhagen verwandelt sich zur Ausstellung Edith Seeshow’s Notes in ein Kino. Vier Filme der französischen Künstlerin Maya Schweizer (*1976) werden gleichzeitig im langgestreckten Ausstellungsraum zu sehen sein. Thema der Filmschau ist die Frage nach Geschichte und Erinnerung in der alltäglichen Gegenwart.

Mit "Passing Down" - engl.Überlieferung - widmet sich Maya Schweizer einer bedeutenden Form von Erinnerungspraxis und Geschichtsschreibung. Innerhalb der Geschichtsforschung gewann die Sicherung von Zeugenaussagen mit Film- oder Ton Interviews als sog. "oral history" große Bedeutung. Auch gängige TV Formate und Filme nutzen Zeitzeugenbefragung (und darüberhinaus nachgespielte Szenen) um ein möglichst authentisches Bild der Vergangenheit zu erzeugen. Maya Schweizers Film nimmt die Überlieferung von Geschichte in der eigenen Familie zum Ausgangspunkt. 1944 entkam ihre Großmutter als junges Mädchen mit ihrer jüdischen Familie nur knapp der Deportation durch die Nazis. Die Künstlerin, die heute in Berlin lebt, befragte 2007 in Aix-en-Provence ihre Großmutter zu den damaligen Ereignissen. Die Erzählungen der Großmutter erscheinen in Maya Schweizers Film als durchlaufende Tonspur und ausgewählten Zitaten als Texttafeln. Der Erzählfluss begleitet die Anfangsszenen, die die Situation des intimen Gesprächs zwischen den Generationen und den heutigen Wohnort der Großmutter zeigen und leitet über zu Szenen aus Schweizers Alltag in Berlin. Maya Schweizer verzichtet bewußt auf historische Rekonstruktion oder "dokumentarische" Beweißführung in Form von ausgewiesenen Personen und Orten. Sie setzt ihren zeitgenössischen Blick an und unterstreicht gerade damit das was die gängige mediale Geschichtsformate zu überspielen versuchen: die Lücke, die zwischen Vergangenheit und Gegenwart klafft. Doch verschwindet damit die historische Dimension nicht, die Erinnerungen der Großmutter sind als begleitende Tonspur und Texttafeln präsent und treten in einen Dialog mit den zeitgenössischen Bildern. Maya Schweizer gelingt mit diesem Film, eine eindrucksvolle Auseinandersetzung mit dem was Überlieferung bedeuten kann: die Anwesenheit einer anderen Stimme, die von vergangenen Erfahrungen, den damit verbundenen Gefühlen und Haltungen berichtet und die Wahrnehmung des eigenen gegenwärtigen Alltag begleitet.

In drei weiteren Filmen widmet sich Maya Schweizer der Erforschung von öffentlichen Räumen. Es gelingt ihr, Spuren der Vergangenheit im Alltäglichen zu entdecken oder durch Montage einzufügen. Sie wählt historische Zusammenhänge aus, die für die gegenwärtige Situation von Bedeutung sind und sich in scheinbar unauffälligen Gesten oder in baulichen Denkmalen wiederfinden. Ihre filmischen Essays stellen somit eine künstlerische Form zeitgenössischer Geschichtsschreibung dar, die visuell argumentiert und der Beschreibung von tatsächlichen Lebensbedingungen gegenüber historischem Faktenwissen den Vorrang gibt.

Maya Schweizer (* 1976) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte in Aix-en-Provence, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und der Universität der Künste Berlin. Zahlreiche Arbeitsaufenthalte und Stipendien führten sie nach Osteuropa, Afrika, China und die USA. 2006 gewann sie den Preis für den besten Beitrag des Deutschen Wettbewerbs bei den int. Kurzfilmtagen in Oberhausen. Einzelausstellungen u.a. 2010 im Kunstverein Münster und 3bisF Centre d´Art, Aix-en-Provence, 2011 im Kunstverein Frankfurt am Main mit Clemens von Wedemeyer. Vielfältige Beteiligungen an Gruppenausstellungen, zuletzt u.a. Die Stadt, die es nicht gibt 2012 am Ludwig Forum für Internationale Kunst Aachen sowie 2013 Zurück nach Morgen in der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig.

Die Filme

Passing down, frame one Mini DV ,10´36 min, 2007 Mit "Passing Down" - engl.Überlieferung - widmet sich Maya Schweizer einer bedeutenden Form von Erinnerungspraxis und Geschichtsschreibung. Innerhalb der Geschichtsforschung gewann die Sicherung von Zeugenaussagen mit Film- oder Ton Interviews als sog. "oral history" große Bedeutung. Auch gängige TV Formate und Filme nutzen Zeitzeugenbefragung (und darüberhinaus nachgespielte Szenen) um ein möglichst authentisches Bild der Vergangenheit zu erzeugen. Maya Schweizers Film nimmt die Überlieferung von Geschichte in der eigenen Familie zum Ausgangspunkt. 1944 entkam ihre Großmutter als junges Mädchen mit ihrer jüdischen Familie nur knapp der Deportation durch die Nazis. Die Künstlerin, die heute in Berlin lebt, befragte 2007 in Aix en Provence ihre Großmutter zu den damaligen Ereignissen. Die Erzählungen der Großmutter erscheinen in Maya Schweizers Film als durchlaufende Tonspur und ausgewählten Zitaten als Texttafeln. Der Erzählfluss begleitet die Anfangsszenen, die die Situation des intimen Gesprächs zwischen den Generationen und den heutigen Wohnort der Großmutter zeigen und leitet über zu Szenen aus Schweizers Alltag in Berlin. Maya Schweizer verzichtet bewußt auf historische Rekonstruktion oder "dokumentarische" Beweißführung in Form von ausgewiesenen Personen und Orten. Sie setzt ihren zeitgenössischen Blick an und unterstreicht gerade damit das was die gängige mediale Geschichtsformate zu überspielen versuchen: die Lücke, die zwischen Vergangenheit und Gegenwart klafft. Doch verschwindet damit die historische Dimension nicht, die Erinnerungen der Großmutter sind als begleitende Tonspur und Texttafeln präsent und treten in einen Dialog mit den zeitgenössischen Bildern. Maya Schweizer gelingt mit diesem Film, eine eindrucksvolle Auseinandersetzung mit dem was Überlieferung bedeuten kann: die Anwesenheit einer anderen Stimme, die von vergangenen Erfahrungen, den damit verbundenen Gefühlen und Haltungen berichtet und die Wahrnehmung des eigenen gegenwärtigen Alltag begleitet.

Au dos de la carte postale / On the back of the postcard/ Auf der Rückseite der Postkarte Filminstallation: 2 synchronisierte Video Kanäle & 1 Super 8 film transferiert auf DV,15 & 12 min, 2010 Die Kamera beobachtet, wie auf dem Platz unterhalb des Eiffelturms ein Straßenhändler seine Waren für die Touristen aufbaut. In einer Textprojektion, die parallel dazu läuft, wird die Situation aus der Perspektive von Polizisten beschrieben, die die Straßenhändler immer wieder vom Platz zu vertreiben versuchen. Der zweite Teil des Videos thematisiert die Geschichte des Pariser Wahrzeichens. Auf der Weltausstellung von 1889, für die der Eiffelturm errichtet wurde, baute man u.a. auch eine Straßensituation aus Kairo und mehrere afrikanische Dörfer nach. Die Videoinstallation verbindet Alltagszenen aus dem heutigen Paris mit einer Reflexion der Geschichte des „Menschen-Zoos“. Ein Teil des Filmtextes basiert auf dem Buch Colonising Egypt von Timothy Mitchell sowie der Dokumentation Menschenzoo von Eric Deroo.

A MEMORIAL, A SYNAGOGUE, A BRIDGE AND A CHURCH Ein Denkmal, eine Synagoge, eine Brücke und eine Kirche HD Video, 11 min, 2012 In diesem Film umkreist Maya Schweizer den Rybné námestie, ( Platz des Angelns / Fischens) in Bratislava. Mit dem Bau der „Neuen Brücke“ Ende der 60er Jahre wird dieser Platz völlig umgestaltet und der weitgehende Abriss damaligen Stadtviertels Podhradi begann mit dem Ziel Platz für die Zufahrtsstraßen und die Brücke selbst zu schaffen. 1969 wird auch die 1894 im Maurischen Stil erbaute und unbeschädigte Synagoge abgerissen. Ohne ersichtlichen Grund – denn die Synagoge lag nicht auf der Ebene der Brücke. Stattdessen befindet sich dort heute The Holocaust Monument, eine fünf Meter hohe Bronzestatue aus den Jahren 1996-97. Es handelt sich um einen zerbrochenen Davidstern, der mit Metallresten verschweißt ist. Eine Inschrift mahnt: Zachor - Erinnere dich! – die Skulptur wurde zum Andenken an die 70.000 deportierten und ermordeten slowakischen Juden errichtet. Hinter diesem Monument befindet sich eine Wand, auf welcher eine symbolische Abbildung der Synagoge eingraviert ist. Die Kathedrale des Heiligen Martin, auch Martinsdom genannt, befindet sich am westlichen Rand der Altstadt. Die Stadtautobahn führt wenige Meter am Dom vorbei und Vibrationen des LKW-Verkehrs auf der Rampe der nahe gelegenen Brücke bedrohen die Stabilität des Bauwerks. Im Jahr 2001 wurde die Brücke zum „Bauwerk des Jahrhunderts“ erklärt.

Die Fassade (des ehemaligen Palais de la Porte Dorée, Paris) HD, 10 min, 2011 Der Palais de la Porte Dorée wurde 1931 nach 18-monatiger Bauzeit anlässlich der im selben Jahr stattfindenden Pariser Kolonialausstellung eröffnet. Das Flachrelief an der Fassade, ein Werk von Alfred Janniot, illustriert das Leben in den ehemaligen überseeischen Gebieten der Kolonialmacht Frankreich, wie es der offiziellen Darstellung der damaligen Zeit entsprach. Als einziges Gebäude der Ausstellung blieb das Gebäude nach Ende der Veranstaltung als Musée des colonies erhalten. Das Museum wurde 1935 in Musée de la France d'Outre-mer und schließlich, im Zuge der Dekolonisation, in Musée des Arts d'Afrique et d'Océanie (ab 1990: Musée national des Arts d'Afrique et d'Océanie) umbenannt. Die Sammlung zur afrikanischen und ozeanischen Kunst wurden ab 2002 in die des neuerrichteten Musée Branly integriert. Seit 2007 befindet sich die Cité nationale de l’histoire de L´immigration im Palais de la Porte Dorée.

12.4.13 – 10.6.13, Einzelausstellung

Erica Baum

21.7.13 – 22.9.13, Gruppenausstellung

Der feine Unterschied

Kerstin Cmelka, VALIE EXPORT, Andrea Fraser, Hella Gerlach, Simone Gilges, Margaret Harrison, Sharon Hayes, Klara Lidén, Diane Nerwen, Martha Rosler, Jenni Tischer, Franziska Nast

Die Gruppenausstellung Der feine Unterschied versammelt Arbeiten von Künstlerinnen, die schon in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, zu Beginn der Frauenbewegung aktiv waren und Werke von Künstlerinnen, die in den 60er, 70er und 80er Jahren geboren wurden. Neben Arbeiten von Margaret Harrison werden klassisch gewordene Beiträge von VALIE EXPORT und Martha Rosler, aber auch von Andrea Fraser zu sehen sein. Insgesamt präsentiert die Ausstellung Arbeiten aus den letzten vier Jahrzehnten. Über Generationsgrenzen hinweg eröffnet sich ein Dialog zwischen Künstlerinnen, die sich explizit und reflexiv auf feministische Praktiken beziehen oder sie neu verorten. Thematisch umkreisen die ausgewählten Arbeiten den Zugriff auf (öffentliche) Räume und den Umgang mit spezifisch weiblichen Darstellungen in Bildern der visuellen Massenkultur. Explizit politische Statements stehen neben beiläufig erscheinenden Aktionen, provokante Inszenierungen des Weiblichen neben eher enigmatischen Portraits. Als weiblich eingestufte Techniken spielen vielfach eine Rolle. Dabei entwerfen die Künstlerinnen jeweils eigene Raummarkierungen und Bildstrategien. Alle Künstlerinnen organisier(t)en sich in Netzwerken und entwickel(te)n aktionistische und performative Praktiken. Sie arbeiten häufig in unterschiedlichen Disziplinen, bringen verschiedene Ausbildungshintergründe mit und experimentieren mit neuen hybriden Formen von Autorinnenschaften. Diese umfassen u.a. die Arbeit als Ausstellungsmacherinnen, Kritikerinnen und Theoretikerinnen.

6.10.13 – 24.11.13, Einzelausstellung

Alexandra Laykauf: Das große Gehege

Alexandra Leykaufs fotografische Installationen, Diaprojektionen und Filme umkreisen die Frage nach den Standpunkten der BetrachterInnen vor und im Bild. Sie eröffnen einen Bildraum, der über die Oberfläche des (projizierten) Bildes hinausreicht. Dieser erweiterte Bildraum wird zum Bühnenraum, in dem Kulissen und Vorführtechniken zentraler Bestandteil der raumgreifenden Inszenierungen sind.

Der Titel der Ausstellung Das große Gehege spielt auf Caspar David Friedrichs gleichnamiges Landschaftsbild (ca.1832) an. Friedrich fasst in diesem Bild den Landschaftsraum so weit, dass sich der Vordergrund wie durch eine optische Linse zu krümmen scheint. Die bis an die Grenze illusionistischer Glaubwürdigkeit ausgereizte Konstruktion lässt das Bild zum Schauplatz der Produktion von dreidimensionalem Raum auf zweidimensionalem Grund werden. Alexandra Leykauf widmet sich diesem Spannungsfeld mit zeitgenössischen Medien und präsentiert die Schauplätze (Gehege) der Herstellung von Bildräumen als Versuchsaufbauten. Durch (Ein- und Ent-)Faltungen unterbricht die Künstlerin die planen Bildoberflächen und öffnet einen Bildraum. Sie skizziert damit ein „Off“ des Bildes als möglichen Ausweg aus dem Blickregime, das durch Darstellungskonventionen und fotografische Techniken festgeschrieben wird. Insgesamt verräumlicht die Ausstellung Das große Gehege Prozesse in der Kamera und reflektiert damit wiederum die technischen Voraussetzungen des fotografischen Bildes und den daraus resultierenden artifiziellen (Kamera-)Blick.

Alexandra Leykauf (geb. 1976 in Nürnberg) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam. Zahlreiche internationale Ausstellungen, u. a. 2013 Harvard University Cambridge, 2012 Museum für Gegenwartskunst Siegen / foam Amsterdam, 2011 CAN Neuchatel / Based in Berlin, 2010 Wiels Brüssel / Galerie Chez Valentin Paris / Kunstmuseum Bonn / Musée d’Art moderne de la ville de Paris, 2009 Frieze Art Fair London / Kunstverein Nürnberg. Ihr filmisches Werk wurde 2011 im Rahmen des Filmprogramms der Ausstellung Mondrian — De Stijl im Centre Georges Pompidou Paris gezeigt.

12.1.14 – 16.2.14, Einzelausstellung

Katarina Burin: Nová Strana

Wir freuen uns, die erste institutionelle Einzelausstellung der US-amerikanischen Künstlerin Katarina Burin in Deutschland vorstellen zu können. Ihre künstlerische Praxis ist durch die intensive Auseinandersetzung mit der Architektur- und Designgeschichte der Moderne geprägt. Dabei gilt ihr besonderes Interesse Entwurfs- und Darstellungstechniken sowie musealen Präsentationsformen.

Seit ca. zwei Jahren arbeitet Katarina Burin an der Publikation des Werks der tschechoslowakischen Architektin Petra Andrejova-Molnár (1899–1985), die zum Kreis der der Moderne verpflichteten osteuropäischen ArchitektInnen gehörte und unter dem Signet P.A. bekannt wurde. Ausgangspunkt des Ausstellungsprojekts Nová Strana sind die wegweisenden Zeitschriften Devetsil, Stavba und Nová Strana. Diese Journale waren wichtige Medien zur Verbreitung modernistischer Ideen im frühen 20. Jahrhundert in Osteuropa.

In der Ausstellung präsentiert Katarina Burin ausgewählte Objekte, Fotografien und Entwürfe, die in diesen Magazinen publiziert wurden in einer ausgefeilten Ausstellungsarchitektur. Schwerpunkte bilden die Architekturentwürfe und Objekte, die im Zusammenhang mit P.A.s Hotel Nord-Sud und dem Ladengeschäft Žijeme entstanden.

Katarina Burin entwirft anhand dieser Exponate eine spekulative Geschichte der osteuropäischen Moderne und deren (unbekannter) Protagonistinnen. Sie bedient sich dabei tradierter Ausstellungsformate und eröffnet gleichzeitig die Diskussion über die Bedeutung musealer Repräsentation. Sie verschiebt die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion und befragt die Bedeutung von Autorschaft, Authentifizierung und Kopie.

Katarina Burin wurde in Bratislava, Slovakei, geboren und wuchs in Kanada und den USA auf. Seit 2010 lehrt sie an der Harvard University. Zur Zeit ist sie Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude, Stuttgart. 2013 erhielt sie den J. & A. Foster Prize. Jüngste Einzelausstellungen u. a. in San Francisco und Köln (Solo), 2012, sowie Boston, Cambridge und Aspen, USA, 2013.